Mädchen mit Smartphone
von R. Lennecke-Schönheit 4. Juli 2023 Beratung Online Marketing

B2B-Marketing auf Mastodon in 2023

Was soll der Krach, Herr Musk?

Man könnte meinen, Elon Musk stünde auf der Gehaltsliste der Mastodon gGmbH. Der exaltierte Tech-Milliardär befeuerte im vergangenen Jahr den Hype um das Mikroblogging-Netzwerk Mastodon so sehr, dass viele Unternehmen sich die Frage stellen, ob ein Mastodon-Account in 2023 zur Notwendigkeit für die eigenen Marketingziele wird. Anfang Januar 2023 sind bereits mehr als neun Millionen Nutzende auf Mastodon organisiert. Tendenz steigend!

Allerdings kann auch Twitter steigende Nutzerzahlen verzeichnen. Unabhängige Daten von Apptopia und Sensor Tower belegen einen entsprechenden „Musk-Effekt“. Marketingexpertinnen sagen voraus, dass Twitter in 2023  zwar weiterhin wachsen, aber das Momentum der letzten Jahre nicht wird halten können.

Auf Musks Ankündigung hin, Twitter intensiv zu monetarisieren und freie Rede ohne Kontrollmechanismen zu gewährleisten, haben erste Ministerien sowie werbetreibende Unternehmen Konsequenzen gezogen. Als Zeichen des Protests gegen „die intransparenten Entwicklungen rund um die Übernahme von Twitter“ löschte der Bundesbeauftragte für Datenschutz und Informationssicherheit (BfDI) bereits den Behörden-Account und auch internationale Marken wie Audi, Volkswagen und Pfizer pausieren ihre Werbeaktivitäten vorerst.

Die Frage, ob Marken und Institutionen ihre Twitterpräsenz beenden sollten, ist für Werbetreibende unbedingt relevant. Aus marketingstrategischer Sicht gibt es hierauf keine abschließende Antwort. PR-Abteilungen sollten im Jour Fixe jedoch diskutieren, wo die rote Linie verläuft, an der sich entscheidet, ob die Werbeplattform Twitter noch zur eigenen Markenidentität passt. Nur, wohin dann?

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B2B-Marketing via Mastodon

Die Aufbruchstimmung unter Marketingtreibenden in Richtung Mastodon hält sich bisher in Grenzen. Die Ausrichtung als werbefreie Alternative zu anderen, werbefinanzierten Netzwerken macht Mastodon zu einem schwierigen Spielfeld für Marketer. Vor allem Early Adopter entscheiden sich bewusst für Mastodon, weil sie dort Schutz vor aggressiven Werbealgorithmen à la Facebook, Instagram und YouTube finden.

Communities definieren die Diskussionsregeln auf ihren Instanzen, also Servern, eigenständig, weshalb mittelfristig nicht damit zu rechnen ist, dass Marketingtreibende Funktionen wie den Werbeanzeigenmanager von Meta oder den Kampagnenmanager bei LinkedIn zur Verfügung gestellt bekommen.

Das Fehlen algorithmisch kuratierter Feeds ist sogar eines der stärksten Verkaufsversprechen von Mastodon. Die Rechtswissenschaftler Lena Hinrichs und Prof. Dr. Matthias Kettemann prägen in ihrem Beitrag „Kann Mastodon das bessere Twitter werden?“ den Begriff der antiviralen Kultur. Gemeint ist damit, dass alle Nutzenden ihre Community – und damit die Inhalte, die ihnen präsentiert werden – über die jeweiligen Instanzen selbst wählen. Das Targeting bestimmter demografischer Gruppen anhand von Nutzerdaten ist lediglich über die Instanzen oder direkte Verlinkungen möglich und somit nur begrenzt einsetzbar.

Darüber hinaus erfolgt die Darstellung der „Tröts“ genannten Beiträge strikt chronologisch, wodurch Reichweite auf Mastodon ausschließlich organisch generiert wird. Der Content muss kreativ, informativ oder exklusiv – kurzum „shareable“ – sein. Die ohnehin kleinen Zielgruppen und erklärungsbedürftigen Produkte im B2B-Geschäft machen es nahezu unmöglich, genug organische Reichweite zu generieren und B2B-Marketing via Mastodon als Vertriebswerkzeug zu hebeln.

Im direkten Vergleich bietet LinkedIn nach wie vor den Vorteil, dass viele Arbeitnehmende bereits persönliche Profile betreiben, was die potenzielle Reichweite für Werbetreibende erhöht.

Um Mastodon dennoch für Ihr B2B-Marketing zu nutzen, sollten Sie folgendes beachten:

  • Recherchieren Sie, auf welchen Instanzen sich Ihre relevante Zielgruppe austauscht.
  • Entwickeln Sie einen langfristigen und spezifischen Contentplan für Ihren Mastodon-Account.
  • Erstellen Sie fachlich aussagekräftige und originelle Inhalte, um Reichweite zu generieren.
  • Erstellen Sie sowohl branchenspezifische Inhalte für Ihre eigene Instanz als auch Metainhalte, die Sie mithilfe von gezielten Verlinkungen auf anderen Instanzen ausspielen.

Potenziale sind (noch) versteckt

Als Alleinstellungsmerkmal beruft sich Mastodon vor allem auf sein dezentrales Design – das „Fediverse“, kurz für Federal Universe oder eben föderales Universum. Dort werden die Inhalte werbefrei ausgespielt. Was auf den ersten Blick wie ein Totschlagargument für Marketer wirkt, birgt bei genauerem Hinsehen auch Möglichkeiten.

Der starke Datenschutzansatz und die dezentrale Organisation veranlassen viele Personen, die datenhungrige Netzwerke wie LinkedIn, Facebook oder Twitter meiden, dazu, Mastodon als soziales Netzwerk zu wählen. Somit lassen sich Personengruppen erreichen, die ansonsten für Onlinemarketing unsichtbar sind.

Aber Vorsicht! Menschen wollen wie Menschen, nicht wie Marketingziele behandelt werden. Zum jetzigen Zeitpunkt sollten unaufgeforderte Marketingnachrichten unbedingt vermieden werden. Mastodon bietet eine großartige Gelegenheit, Beziehungen aufzubauen, die zu Geschäftsmöglichkeiten führen können. Mit stumpfen Produktposts und abgedroschenem Marketingjargon wird anderen Nutzenden sofort klar, dass Sie Mastodon als Mittel zum Zweck sehen. Da es keinen Algorithmus gibt, wird die Leadgenerierung länger dauern. Im Gegenzug sind die Leads bereits deutlich höher qualifiziert. Geduld und Kontinuität sind auch beim B2B-Marketing auf Mastodon eine Tugend.

Auch wenn Mastodon aufgrund der noch geringen Nutzerbasis die Voraussetzungen für vertriebsbegleitendes B2B-Marketing nicht erfüllt, stellt es dennoch eine Ergänzung für die allgemeine Unternehmenskommunikation dar. Im Moment ist Mastodon vor allem eine Möglichkeit, das eigene Unternehmen als innovativen Marktteilnehmer und intellektuellen Marktführer zu positionieren. Für die Gewinnprognose 2023 dürfte ein Mastodon-Account allerdings zu vernachlässigen sein.

Gerade im Bereich „Thought-Leadership-Content“ war Twitter für Journalisten, Intellektuelle und Subkulturen bisher die bevorzugte Plattform. Es sind aber eben diese Nutzergruppen, die Twitter den Rücken kehren und glauben, in Mastodon ein neues Forum gefunden zu haben.

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Relevanz für die Marketingstrategie 2023

Zum Jahresbeginn 2023 lässt sich festhalten, dass Mastodon für Werbetreibende nur dann interessant ist, wenn Ihr Unternehmen bereit ist, Pionierarbeit zu leisten und mit hochwertigen Inhalten sowie langfristigem Engagement eine neue Zielgruppe zu erschließen. Für Unternehmen ist die Plattform vorrangig aus Gründen der Imagepflege interessant. Verbänden und anderen öffentlichen Institutionen, die nicht gewinnorientiert arbeiten, bietet Mastodon eine Alternative, um die Mitarbeitenden und Mitglieder zu organisieren. Diese müssten allerdings dazu motiviert werden, sich ein persönliches Mastodon-Profil zu erstellen.

Als Ergänzung zu bereits vorhandenen Kommunikationskanälen ist Mastodon durchaus sinnvoll. Eine speziell auf Mastodon ausgerichtete Content-Strategie ist im Geschäftsjahr 2023 für die meisten B2B-Unternehmen nicht zielführend. Wenn Ihr Unternehmen Mastodon nutzen möchte, spielen Sie vor allem redaktionelle Inhalte aus und nutzen Sie Mastodon mehr als Kommunikationskanal denn als Marketingtool. Marketer sollten in Zukunft ein Auge auf die Entwicklungen bei Mastodon haben, ohne dabei die Marketingstrategie für 2023 darauf aufzubauen „das neue heiße Ding“ integriert zu haben.

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